BEITRAG

 

PID verletzt die Menschenwürde

Am Donnerstag (14.04.) wird im Deutschen Bundestag erstmals beraten, ob die sogenannte Präimplantationsdiagnostik (PID) zugelassen oder verboten werden soll. Was sich zunächst einmal sperrig anhört, bewegt nicht nur mich, sondern auch eine große Anzahl von Menschen im Main-Kinzig-Kreis. Bei nur wenigen Themen hat mich eine vergleichbare Anzahl von Zuschriften erreicht. Ich wurde größtenteils dazu aufgefordert, für ein Verbot der PID zu stimmen und in meiner Fraktion für ein solches Abstimmungsverhalten zu werben. In der Tat handelt es sich bei dieser Abstimmung um eine sogenannte Gewissensentscheidung. Es gibt keine einheitliche Meinung innerhalb der Fraktionen und schon gar nicht eine Vorgabe, wie die Abgeordneten abzustimmen haben. Auch die vorliegenden Gesetzesentwürfe werden von Abgeordneten quer durch alle Fraktionen unterstützt oder abgelehnt.

Aber um was handelt es sich bei der PID eigentlich? Mit der PID ist es möglich, künstlich erzeugte Embryonen vor der Übertragung in die Gebärmutter einer Untersuchung auf Krankheiten oder genetische Defekte zu unterziehen. Liegt ein genetischer Defekt vor, kann der Embryo von der Übertragung in die Gebärmutter ausgeschlossen werden. Ob ein solches Verfahren und der Umgang mit dem menschlichen Leben aus moralischer und ethischer Sicht vertretbar ist, ist in allen Bundestagsfraktionen heftig umstritten.

Meine ganz persönliche Entscheidung steht in diesem Zusammenhang schon seit einiger Zeit fest. Nach reiflicher Überlegung habe ich mich entschlossen, für ein Verbot der PID zu stimmen. Eine Zulassung der PID ist für mich moralisch bedenklich: Darf der Mensch tatsächlich über Leben verfügen und eine Selektion in „lebenswert“ oder „lebensunwert“ vornehmen? Kann der Mensch überhaupt abschätzen, wie sich Krankheiten entwickeln und ob sie in der Zukunft nicht vielleicht doch heilbar sind? Ist das Aussortieren eines Embryos nicht die stillschweigende Akzeptanz des Tötens von Leben im frühesten Stadium seiner Existenz?

Schon seit der Antike werden diese Fragen streitig diskutiert. Bereits damals wurde zwar die Selbsttötung und die Hilfe zum Tod nicht unbedingt als verwerflich angesehen, das Verbot der ärztlichen Hilfe zu Tötungshandlungen entsprach jedoch einem allgemein anerkannten und verbindlichen moralischen Grundsatz. Besonders der christliche und jüdische Einfluss auf unsere Gesellschaft hat dazu geführt, dass ein Bewusstsein entstanden ist, dass nur Gott über das Leben verfügen darf und nicht die Menschen. Dies hat sich nach unserer Ansicht bis heute nicht verändert und darf es auch nicht.

Die heute diskutierte Frage nach der Zulässigkeit der Präimplantationsdiagnostik stellt sich, da der Bundesgerichtshof geurteilt hat, aus dem geltenden Embryonenschutzgesetz gehe ein Verbot der PID nicht hervor. Für eine Zulassung der PID bleibt aus verfassungsrechtlicher Sicht kein Spielraum. Die Durchführung der PID an Embryos verstößt nicht nur gegen das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 unseres Grundgesetzes, sondern ebenso gegen das Diskriminierungsverbot von Behinderten nach Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes und vor allem gegen die Menschenwürdegarantie aus Art. 1 Abs. 1 unserer Verfassung.

Der in Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG verankerte Gleichheitsgrundsatz enthält einen Zusatz, wonach niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Die Präimplantationsdiagnostik hat den Zweck, Embryos nach Krankheiten oder Behinderungen zu untersuchen und eine Übertragung in die Gebärmutter zu verhindern. Es findet somit eine gezielte Ungleichbehandlung zwischen lebenswertem und vermeintlich lebensunwertem Leben statt. Art. 1 Abs. 1 unseres Grundgesetzes enthält zudem das Verbot, einen Menschen wie eine Sache zu behandeln. Die Würde des Menschen beschreibt gerade seinen Anspruch auf die Achtung allein aufgrund des Menschseins. Wenn im Rahmen der PID der menschliche Embryo einer Selektion unterworfen wird, so wird der Embryo nicht mehr als Subjekt, sondern lediglich als Objekt behandelt.

Die dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken lassen für mich nur einen Schluss zu: Ein ausdrückliches und umfassendes Verbot der PID muss beschlossen werden.

 

IM PORTRAIT

Dr. Peter Tauber, MdB

Dr. Peter Tauber, geboren 1974 in Frankfurt a.M., ist Mitglied des Deutschen Bundestags. Der CDU-Politiker vertritt seit 2009 den Wahlkreis 180 Hanau im Parlament. Mehr auf www.petertauber.de.