AUFGELESEN
Expertinnen lehnen PID ab
Zahlreiche Expertinnen haben sich in einer gemeinsamen Erklärung für ein gesetzliches PID-Verbot ausgesprochen. Die in der vergangenen Woche (16.02.) veröffentlichte „Stellungnahme von Expertinnen und Experten zur geplanten gesetzlichen Regelung der Präimplantationsdiagnostik“ ist von acht Verbänden und 74 Einzelpersonen unterschrieben. Darin heißt es, in der aktuellen Diskussion „werde die Schutzwürdigkeit menschlicher Embryonen gegen dramatische Einzelschicksale von Paaren mit einer sogenannten genetischen Belastung gestellt.“
Die Unterzeichner kritisieren, dass in der Debatte nicht thematisiert werde, dass die PID für die Frauen „mit großen Belastungen und Gesundheitsrisiken verbunden ist.“ Zudem sind sie der Überzeugung, dass eine eng begrenzte Zulassung der PID unrealistisch sei und verweisen auf die Praxis der Pränataldiagnostik: „Die Pränataldiagnostik hat sich de facto zu einem allgemeinen Screening vor allem auf das Down Syndrom und Spina bifida entwickelt.“ Letztlich zähle in der Praxis nahezu jede Beeinträchtigung des Kindes als medizinische Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch. Dies wäre erwartungsgemäß bei der PID nicht anders. Niemand wisse einen Weg, die derzeitige Praxis der PND enger zu regulieren. Deshalb werde auch die Zulassung der PID für bestimmte „schwerwiegende“ Krankheiten nicht möglich sein, argumentieren die Expertinnen. Ihre Schlussfolgerung: „Eine tragfähige Regelung für eine begrenzte Zulassung der PID gibt es nicht!“
Die Unterzeichner räumen ein, dass die PID im Einzelfall verständlicherweise als Hilfe aus einer als ausweglos empfundenen Situation angesehen werden könne. Hierbei sei aber immer auch der gesellschaftliche Druck mitzubedenken, dem Paare mit kranken oder behinderten Kindern ausgesetzt seien. „Die subjektive Not potenzieller Eltern alleine kann daher keine generelle Zulassung der PID rechtfertigen. Der Gesetzgeber muss die Folgen auf alle Bürgerinnen und Bürger im Blick haben.“ Dazu gehöre auch die gesellschaftliche Wertschätzung von Menschen, die mit einer Behinderung leben, heißt es weiter.
„Ein klares Verbot der PID würde die Einsicht ausdrücken, dass die Medizin nicht alle individuellen Probleme lösen kann, und bei dem Versuch, dies zu tun, oft noch größere Probleme hervorbringt, auch für die betroffenen Paare selbst. Es wäre außerdem ein klares rechtspolitisches Bekenntnis dazu, dass die Verhinderung der Existenz behinderter Menschen kein legitimes Ziel der Medizin ist“, so die Expertinnen.
Die Stellungnahme wird gemeinsam vom Arbeitskreis Frauengesundheit (AKF), dem BioSkop - Forum zur Beobachtung der Biowissenschaften e.V., der Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau, dem Diakonischen Werk der evangelischen Kirche in Württemberg e.V., dem Deutschen Hebammenverband (DHV), dem Gen-ethischen Netzwerk e.V. (GeN), der Gesellschaft für Geburtsvorbereitung - Familienbildung und Frauengesundheit - Bundesverband e.V. sowie dem Landesverband der Hebammen NRW getragen. Unter den 74 fachkundigen Einzelpersonen, die die Stellungnahme unterschrieben haben, finden sich Frauenärztinnen, Krankenpflegerinnen, Hebammen, Sozialpädagoginnen, Familienberaterinnen, Schwangerenkonfliktberaterinnen, Psychologinnen, Soziologinnen und Vertreterinnen von Vereinen, die Eltern von Kindern mit Behinderungen unterstützen.
Die vollständige Stellungnahme finden Sie hier.